
... oder wie mich die Bündner die Geduld lehrten.
Geduld ist eine Tugend und diese wird besonders gefordert, wenn man Hunger hat – und ich hatte Hunger, einen Bärenhunger!
Die Sonne scheint und während das Unterland im tiefen Nebel liegt, sitze ich in Davos in der warmen Sonne. Für das Mittagessen habe ich mir ein nettes Restaurant ausgewählt und sitze hungrig und voller Vorfreude auf ein leckeres Mittagessen auf der sonnenbeschienenen Terrasse.
Die Bündner denken wohl, diese gestressten Unterländer, hier ticken die Uhren etwas langsamer. Entschleunigen ist das Thema – ausser natürlich auf der Piste oder der Strasse. Da zeigen die Bergler uns Städtern dann schon, wie schnell man in die Kurven gehen kann und vor allem sollte.
Doch im Restaurant, da nimmt man es gemütlich. Zeit, um zu geniessen.
Ich warte also auf der Terrasse auf die Bedienung und warte und warte … beruhige meinen knurrenden Magen mit leisem Summen. Die Gäste vom Nachbartisch und ich überlegen, telefonisch eine Sammelbestellung durchzugeben.
Nach 22 Minuten Wartezeit nimmt sich einer der beiden Kellner uns an und wir können bestellen. Ich nehme mal besser das Tagesmenü. Das dauert üblicherweise nicht so lange. Na ja, üblicherweise.
Nach 12 Minuten wird der Minisalat serviert. Hungrig picke ich die fünf Salatblätter. Mein Magen denkt: Olé, es geht los, was zu futtern! Seine Enttäuschung hat er mit einem lauten Knurren kundgetan.
Nun ja, es ist ja schon so, dass man zwischen den Gängen ein Päuschen machen soll. Nur stellt sich die Frage, wie lange denn ein solches Päuschen dauern soll. Zwischen dem Minisalat und dem Hauptgang sind sagenhafte 17 Minuten vergangen.
Die Bratwurst mit Rösti schmeckt lecker und der blitzblank leer gegessene Teller wird abgeräumt. Ich nutze die Gelegenheit – wenn der Kellner schon bei mir steht –, die Rechnung zu verlangen.
Ich lächle, wärme mich an den Sonnenstrahlen und weiss, die nächste Viertelstunde werde ich nicht gestört. Ich akzeptiere das Entschleunigen und sinniere: Vielleicht machen die Bündner auch nur so langsam, weil sie uns Zürcher eben doch gerne haben und uns so lange wie möglich bei sich haben wollen.
Der Kellner bringt die Rechnung und ich überlege, ob ich ein Trinkgeld geben soll. Der Service war jetzt nicht wirklich berauschend. Doch ich gebe ein Trinkgeld. Dafür, dass ich für einen langen Moment die Sorgen des Alltags vergessen habe und absolut entspannt und mit einem schönen Bronzeteint in die Nebelsuppe zurückkehre.
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