
Vor mir liegt es. Dieses blaue Etwas, das mich den nächsten Monat begleiten wird. Das Armband misst und speichert alles Mögliche und ist dabei gnadenlos ehrlich. Wenn man der Werbung glaubt, werde ich mich mehr bewegen und glücklicher sein. Es wird mich zu Höchstleistungen antreiben. Nachdem ich mich seit Monaten kritisch über Activity Tracker äussere, will ich einen ausprobieren. Ich bin bereit, mich eines Besseren belehren zu lassen.
Tag 1: Der grosse Moment ist da, ich programmiere mein Armband und eröffne ein Konto. Ich könnte verschiedenen Communities beitreten und überlege kurz, ob ich bei der Marathon-Gruppe mitmischen soll. Das würde den Gruppenschnitt doch etwas verändern.
Tag 2: Es ist bereits kurz vor Mitternacht und ich habe mich gerade entschieden ins Bett zu gehen, da zeigt mein Armband «it’s time to move» an. Kann dieses Band meine Gedanken lesen? Weiss es, wann ich ins Bett gehe? Oh, ein Fall für Scully und Mulder.
Tag 4: Es ist frühmorgens, eigentlich noch finstere Nacht. Ich wache auf, weil ich mal muss. Mein Armband leuchtet und ich sehe, die Tagesaktivität ist wieder auf null. Mit müden Schritten gehts einmal quer durch die Wohnung und im Bad angekommen, zeigt es zehn Schritte an. Nun gut, die Wohnung ist sicher nicht sehr gross, aber zehn Schritte in der Diagonale? Auf dem Rückweg zähle ich die Schritte, es sind 16 an der Zahl. Dieses Band verschaukelt mich und zwar ziemlich übel.
Tag 7: Ich habe frei. Ich will den heutigen Tag ruhig angehen und das auch gleich konsequent bis zum Abend durchziehen. Immerhin habe ich 3’978 Schritte hingekriegt und ich war noch nicht einmal beim Briefkasten. Das nenn ich eine Höchstleistung.
Tag 9: Nachdem ich einen zweiwöchigen Sport-Stopp einlegen musste, bin ich das erste Mal wieder auf dem Laufband. Ich fokussiere mich weniger auf die Schnelligkeit als auf die Steigung. Doch 45 Minuten bergaufwärts, bedeutet für meine Bilanz gleichviel, wie wenn ich eben walken würde. Zählt denn der Schweiss gar nichts? Mir fehlen die Worte.
Tag 12: Heute ist Krafttraining angesagt. Es ist aber nicht mein Ziel, besonders viel Gewicht zu stemmen, nein, heute überliste ich mein Armband. Ich wähle ausschliesslich Übungen mit grossen Bewegungen. «Es» kann Bein- von Armbewegungen nur beschränkt unterscheiden. Doch trotz hunderten von zusätzlich angezeigten Schritten, fühle ich keine echte Befriedigung. Glücklicher-Sein kann man sich einfach nicht ergaunern.
Der Activity Tracker kriegt noch eine letzte Chance. Am Donnerstag gehe ich schwimmen und gemäss Anleitung ist mein Armband geradezu prädestiniert dazu. Ich bleibe dran - Fortsetzung folgt.
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